# 007 / Captain Morgenstern
Der Pirat der von Pi den Wert nicht kennt
Der Pirat der von Pi den Wert nicht kennt von Eugene Ostashevsky, übersetzt von Monika Rinck und Uljana Wolf
(Übersetzungen mit freundlicher Unterstützung des Berliner Künstlerprogramms des DAAD)
Wie viele Piraten braucht man
um von Pi den Wert zu errechnen?
Sicherlich mehr als einen.
Der Pirat der von Pi den Wert nicht kennt
segelt fern der Heimat und segelt alleinen.
Er brütet, er wütet, er ist vor Sorge verschandelt,
ob sein Segelschiff sich in ein Sieb verwandelt,
ob eins dieser Seemonster den Mast ihm stiehlt,
ob es keine Milch für sein Müsli gibt (früher gab es das nie) …
Auf ein Nasenneben-Sinuslied wird allseits kurvig angespielt.
„Was ist das? Hat sich mein Bildschirmschoner losgemaRRGHcht?“ klagt in Rage der
Pirat.
„Oller GraRRGHntler“, schreit der Papagei
graRRGHd auf seiner Schulter, neben dem PeRRGHlenoRRGHring
„Fängst du schon wieder an“, sagt der Pirat mit dem Perlenohrring
aber der Papagei tut plötzlich so als Huch, wo ist denn mein Hörsinn?
Skizzieren sie den Unterschied zwischen den Regeln, die für Piraten
und denen, die für Papageien gelten.
Wie wärs damit: Der Pirat grantelt (intransitives Verb: „zornigen Verweisen
Ausdruck verleihen“),
aber der Papagei brabbelt (intransitives Verb: „Sachen sagen, die sich von anderen
dadurch unterscheiden, dass sie unverständlich sind“):
Der Pirat weiß sich in höchstem Maß zu schätzen.
Der Papagei ignoriert ihn fast bis zum Letzten.
Das sollen also die Regeln sein? Das sind doch eher so Beschreibungen.
Okay, okay… Wie wärs damit:
Der PapAgei kAckt den PirAten An
aber der PirAt kAAckt nicht den PApAgeien An.
Ja, das kommt der Sache
schön näher!
Können wir noch 'was PropAgAndA haben?
|
|
|
| Der Papagei ist ganz verzagt | Der Pirat arbeitet fieberhaft am |
| als säße wer auf dem Signifikat. | Gesichtsausdruck: Superknallhart. |
| Der Papagei wiegt sich | Der Pirat trägt seine Hosen ¾ des Wegs |
| von Pfote zu Pfote (auf russisch: lapa) | arschwärts, wie ein Klempner, der nach zu |
| vielen feuchtfröhlichen Gängen beginnt | |
| Zeichen zu erbrechen wie ein RApper. | |
| Der Pirat stempelt einen Smily auf | Der Papagei kann nicht zwischen alle und |
| seine Flagge (Jolly Rogers, | manche unterscheiden, was erfolgreich |
| Wortschatzinsel!) | verhindert, dass er aus Alabama (mit einer |
| Bandage auf dem Knie (Alabama zappelnd vor | |
| Bananen) anreist, um im Ibn-Battuta | |
| Kulturzentrum (& al Fresco Dining Experience | |
| in Somalia)) aufzutreten. | |
| Der Pirat posiert gerne auf dem Achter- | Der Papagei alsdann erbleicht, wiewohl |
| oder ist es das Kackdeck? – und ruft | unentschieden bleibt, ob dies der |
| „Ahoi, Matjes!“mit nichts als einer | Splitternacktheit des Piraten sich verdankt |
| Blumenkette bekleidet. | oder mehr der Spießerfadheit seines |
| Eigenseins. |
Der Pirat identifiziert sich eher mit Mary Ann als mit Ginger in Gilligan's Island.
Der Lieblingsfilm des Piraten ist Yentl, mit Barbra Streisand.

Der Pirat die Spanische See durchjettet
Sein Schiff das kurvt eine Markoffkette
Er lehnt am Bug und trinkt Sekt mit Limette
Er schlürft ein den prickelnden Wind
Aber der Papagei, der lieber nicht Migräne hätte
wünscht sich ganz woanders hin
Oft denk’ ich über das Verhältnis von Erfahrung und Sprache nach,
sagt der Pirat der von Pi den Wert nicht kennt
All diese Dinge stoßen uns zu, bloß können wir sie nicht immer beschreiben:
Wie lassen sie sich trotzdem unterscheiden?
Ist meine Frage vielleicht irgendwie huch, Wissen ist Fluch, Leuconoe,
oder kann man auf der Divergenz des Sprachlichen und Außersprachlichen bestehen?
Nimm uns, zum Beispiel, wo du so viel mehr sprichst als ich,
ist deine Erfahrung vom Meer eine wesentlich – und hier meine ich „wesentlich” –
andere als meine?
Weiterhin, kann ich überhaupt eine Erfahrung verstehen, die anders ist als meine,
nämlich authentisch deine, oder eher: meine Erfahrung, wo sich das Pronomen
aber auf jemand andere als mich bezieht?
Gleichermaßen, wenn ich eine Freundin hätte, wie könnte ich ihrer Subjektivität
Gerechtigkeit widerfahren lassen
und sie so behandeln, wie man nach Kant jedes Wesen behandeln sollte,
zuerst aufgrund ihrer Menschlichkeit und dann aufgrund ihres meine-Freundin-Seins?
Müsste ich dafür nicht die Zeichen unserer Verschiedenheit ignorieren, wie zum Beispiel,
sagen wir mal, die hervorstechenderen unter unseren sexuellen Merkmalen,
oder sollte man lieber direkt sagen „Guck, hier sind deine sexuellen Merkmale,
hier sind meine. Sie scheinen ja verschieden zu sein. Ich weiß nicht genau,
was ich jetzt machen soll. Eigentlich macht es mir Angst.”
Eigentlich machen mir viele Dinge Angst. Neulich zum Beispiel, als wir dieses
Handelsschiff attackierten
– was war nochmal sein Kurs, wars nicht von Cartagena nach Alba Longa gondelnd? –
und es für seine Ladung aus Bedauern überfielen
und ich den feindlichen Kapitän bestürmte, in der rechten meinen fabelhaften und von
Muttern mit Perlenstickerei nach Zitaten von Sydney Dobell ornamentierten
Falchion,
(Dobell von der spasmodischen Schule), in der linken mein doppelflotter
Blunderbuss Nr. 00,
überall war Qualm von Kanonen Blut in Strömen und wildes Stöhnen der tödlich
Verletzten oder nur innerlich Aufgehetzten –
und er kämpfte ohne Zweifel gut, mit seinen zwei Krummsäbeln und seiner Handkanone,
wenigstens bis ich ihm den rechten Arm abhackte – warte, wars der linke? – nein,
das war zu meiner Linken, also seine Rechte wird's gewesen sein–
und plötzlich wurde mir Angst – wovor weiß ich nicht –, dass ich nichts von alle dem
in Sprache ausdrücken können würde,
dass die Erfahrung aus der sinnlichen Welt verschwinden und sich zugleich in mir
verwurzeln würde,
unartikuliert; unsagbar; und darum nicht mal wirklich ein Ding; ganz sicher nicht
meins, aber auch nicht das von jemand anderem; ausschließlich meins,
unveräußerlich,
mich zugleich in mir selbst und außerhalb meiner selbst einschließend,
in Einzelhaft, wie Küchelbecker in der Peter-und-Paul-Festung, nur ohne Klopfsignale,
und auch die Festung unsagbar, die Wachen, und Küchelbecker höchstselbst,
und auch Küchelbecker nicht nur in der Rolle von Küchelbeckersondern in der Rolle der
Wache von Küchelbecker
und alles die ganze Zeit unsagbar und ungeifbar und immateriell
aber gleichzeitig ein bißchen unbehaglich und ruhelos, fast unmerklich, aber doch
irgendwie unbehaglich
Hör mal, Papagei, sagt der Pirat,
die Lichter sind verloschen all überm Ozean
und wir sind alleine. Welche Worte
passen wohl für diesen Anlass, mein
Firkel… Forkel… wie hieß nochmal
der beste Dings von Winnie Puuh? Ferkel,
sagt der Papagei. Richtig, sagt der Pirat,
und gleichen wir ihnen nicht aufs Haar,
Bildnis einer Freundschaft, falls je eine war?
Weiß nicht genau, sagt der Papagei.
Soll ich vielleicht lieber, sagt der Pirat, ein
anderes berühmtes Paar bemühen,
Sokrates and Alkibiades? Nein, sagt
der Papagei. Was ich sagen will, sagt
der Pirat, ist jenes: so wie ein Omelett
andere Eigenschaften besitzt als die
von Eiern, Milch, Käse und den übrigen Teilen,
so sind ein Pirat und ein Papagei
mehr als ein Pirat ohne Papagei,
mehr als ein Papagei ohne Pirat.
Auch ist die Nummer zwei verschieden von
zwei Einsen: sie ist gerade, zwei Einsen nicht,
sagt Sokrates in Hippias Maior…
Was Sokrates sagt, ist mir schnuppe,
sagt der Papagei, denn ich fühle einfach,
dass du mir fremd bist, Pirat. Ich fühle
zwischen uns keine Nähe, du kannst mich
nie wirklich verstehen. Dir bin ich doch bloß
ein x-beliebiges Täubchen. Neinnnnn,
ruft der Pirat, wie kannst du sowas sagen?
Ist die Nacht am Werk, ihre Schwärze? Nein, Papagei,
Sterne leuchten, auch wenn Wolken sie verkleiden…
Und wir beide sitzen an Bord eines Schiffs,
das uns ins Unbekannte trägt und das uns
dort zusammen hinträgt. Aber vielleicht
war es so nie geplant, sagt der Papagei,
vielleicht sind wir nur zufällig hier.
| PIRAT: | Wie nennt man eine logisch unvermeidbare indigene Person? |
| PAPAGEI: | Was? |
| PIRAT: | Einen a priori Maori! |
| PAPAGEI: | ![]() |
| PIRAT: | Ich erklärs dir. Der Pirat segelt an einer tropischen Insel |
| entlang und ohne jede Referenz auf Sinnesdaten weiß er | |
| einfach, dass dort bereits jemand lebt. | |
| PAPAGEI: | Für etwas, das so dumm und unsensibel ist wie das, was |
| du eben gesagt hast, braucht es keine Erklärung. Kann | |
| ich dir eine Frage stellen? | |
| PIRAT: | Und du bist Mister Sensibel. |
| PAPAGEI: | Was meinst du: Ist die Welt vernünftig? |
| PIRAT: | Woher soll ich das wissen? |
| PAPAGEI: | Okay, glaubst du, dass sich irgendwo da draußen in der Welt |
| ein Unlösbarer Logischer Widerspruch finden lässt? | |
| PIRAT: | Ja, ich glaube, irgendwo schon. Es ist eine sehr große Welt. |
| PAPAGEI: | Dann gibt es kein a priori. |
| PIRAT: | Wie bitte? |
| PAPAGEI: | Logischer Widerspruch irgendwo ist eine Gefahr für logische |
| Konsequenz überall. Da alles die Konsequenz eines logischen | |
| Widerspruchs sein kann, auf die gleiche Weise wie wenn | |
| du etwas durch Null teilst, du jede Zahl erhältst. | |
| PIRAT: | Es ist nicht erlaubt, durch Null zu teilen. |
| PAPAGEI: | Von wem? |
| PIRAT: | Was meinst du mit: Von wem? |
| PAPAGEI: | Bei solchen Sachen muss du immer fragen cui bono. |
| PIRAT: | Dieses Gespräch ist K.L.E. Kein Latein erlaubt. Ich bin ein Pirat. |
| Sprich mit mir über etwas auf dieser Seite meines intellektuellen | |
| Horizonts. Wie Eingeborene. | |
| PAPAGEI: | Dann sagen wir, ein Pirat segelt an einer tropischen Insel entlang |
| und er weiß einfach, dass sich Eingeborene darauf befinden. | |
| Bedeutet das, dass sich Eingeborene darauf befinden? | |
| PIRAT: | Wenn er es weiß, dann muss es wahr sein. Etwas das falsch ist, |
| kann man nicht wissen. | |
| PAPAGEI: | Aber wenn es irgendwo auf der Welt eine Unlösbaren Logischen |
| Widerspruch gibt, dann kann er es wissen, es kann sich aber | |
| dennoch als falsch herausstellen. Diese Insel könnte verlassen sein. | |
| Oder es könnte sich dort nur Piraten befinden, die alle nach ihren | |
| Eingeborenen suchen. Oder sie könnte sowohl verlassen sein und von | |
| Piraten wimmeln. | |
| PIRAT: | Nein. |
Nun werd' ich wohl nie
zu der Selbsthilfegruppe für Piraten
gehen. – Und ich nicht zu der
für die Co-Abhängigen. –
Das ist eben die Crux
mit den verlassenen Inseln.
Die ganze Zeit willst du
dein Leben ändern und dann
mit einem Mal
bist du auf einer. – Was willst du
damit sagen? –
Ich bin mir nicht ganz sicher. –
Was wenn wir nur
glauben, wir sind auf
einer verlassenen Insel,
aber in Wirklichkeit
haben wir ein
Aufenthaltsstipendium?–
Wo sind die Dichter?–
Wir sind die Dichter. –
Und wo sind die Schnittchen? –
Daran hab ich nicht gedacht. –
Könntest du mich
mit Sonnenmilch
einreiben? – Warum machst
du das nicht selbst? –
Da ist eine unerreich-
bare Stelle zwischen
meinen Schulterblättern
und ich bin sehr
besorgt, dass sie bald
wehtun wird. – Dann dreh
dich einfach auf den Rücken! – Nein,
bitte! Ach bitte, bitte, bitte! –
Wegen Dir hab
ich dann Sonnenmilch
überall auf meinen
Federn! Du begreifst
einfach nicht,
was ich durchmache
wegen dir. –
Wenn du gestrandet wärst
auf einer verlassenen
Insel, welches Buch
hättest du dann gerne
bei dir? – Was meint du mit
„wenn?“ – Was meinst du mit
„was meinst du mit „wenn“?“ –
Ich meine: Was meinst du
„Wenn“. – Ich meine „wenn“. –
Warum hast du
kürzlich gesagt,
es sei schwierig,
gemeinsam
auf einer verlassenen
Insel gestrandet
zu sein? – Aber es
ist schwierig,
gemeinsam auf einer
verlassenen Insel
gestrandet
zu sein. – Warum ist
es schwierig,
gemeinsam
auf einer verlassenen
Insel gestrandet
zu sein? – Naja, ich
meine … was ist so seltsam
daran zu sagen,
es ist schwierig,
gemeinsam auf
einer verlassenen Insel
gestrandet zu sein?
– Liegt es an mir?
– Es liegt nicht an dir. –
Es liegt an mir,
das meintest du,
stimmts? – Es liegt nicht
an dir, es ist
einfach schwierig,
gemeinsam auf
einer verlassenen
Insel gestrandet
zu sein. – Mach schon,
sag es, es liegt an
dir. – Okay, es liegt an
dir. – O warum
hast du das gesagt? –
Welches Buch würdest du
als Schiffbrüchiger
auf eine einsame Insel
mitnehmen? – Ich
hoffe, dieser Schiffbruch wird uns
nicht irgendwie voneinander entfernen. –
Entfernen? Wohin sollen
wir uns denn entfernen?
Es wäre alles viel, viel
einfacher, wenn wir
vor unserem Schiffbruch
die Therapie für
Piraten-und-Papageien
gemacht hätten. – O
nicht schon wieder das. –
Es ist wahr! Hätten wir
vor unserem Schiffbruch
eine Therapie gemacht, wärst du
jetzt rationaler.
Du meinst, ich wär hier
der Nichtrationale? Du bist ein sprechender
Vogel! – Ich bin ein Papagei! –
Papageien können nicht sprachlich
improvisieren. Wittgenstein
erwähnt dich als ein
Beispiel für Leute, die aussehen,
als könnten sie sprechen, bloß
tun sie's nicht.* – Dein Wittgenstein
sollte seinen Mund halten, wenn
er keine Ahnung hat,
wovon er spricht! –
Lass Wittgenstein in Ruhe, mein Freund.
Der übliche Sprachgebrauch
stellt es klar: Papageien plappern nach.
Du darfst nur wiederholen,
was andere sagen. –
Wie meinen? Ich bin
ein emanzipierter
Papagei. Ich verspreche hiermit,
dass ich in dem unwahrscheinlichen Fall,
dass Sie etwas der Wiederholung wertes
sagen, es auch
wiederholen werde. – AAARRRGH!!!
Warum kannst nicht ein bisschen mehr wie
Kapitän Macgregors Vögelchen ein?
O mein Gott! O mein Gott!
Du liebäugelst mit Carmen!
Du liebäugelst mit Carmen!
Ich kann es nicht fassen, Du
steigst anderen Papageien
nach! – Ach komm! Ich liebäugele nicht mit
Carmen! – Du liebäugelst nicht
mit Carmen,
es sei denn, du liebäugelst
mit Carmen. O womit hab ich
das bloß verdient?! –
Wenn du gestrandet wärst –
Hör einfach auf damit, ja? –
Aufhören womit? – Du weißt schon, womit.-
Nein, weiß ich nicht. – AAARRRGH! –
Warum sagst du das?
Ich bin der Pirat, das ist
mein Text. – Du verletzt
mich. – Nein, wirklich,
welches Buch würdest du am liebsten
mitnehmen, wenn du
auf einer verlassenen
Insel gestrandet wärst? –
Ich weiß es nicht,
Pirat! Wie wäre es mit diesem Buch? –
Dieses Buch? Aber da
kommst du drin vor. – Na und? –
Und ich komm auch drin vor! –
Na guck mal einer an! –
Aber was bedeutet
eigentlich dieses Buch? –
Woher soll ich wissen,
was dieses Buch bedeutet,
wenn ich selbst drin vorkomme? –
Du meinst, du kannst dich
nicht vom Lehrbuch lösen? –
Du denn? – Ich bin ein Pirat! –
Der Hut ist da
ein totsicheres Zeichen. – Aber
wohin können wir uns jetzt
wenden? – Überall hin. Jede
Richtung wäre
genau dieselbe wie
jede andere. Wir
sind auf einer Insel.
Ich gewöhne mich langsam so sehr an die Insel, dass sie mir wie eine zweite Kindheit
vorkommt.
Was, wenn wir niemals gerettet werden.
Vielleicht solltest du unsere Katastrophe als Gelegenheit begreifen, ein besserer
Mensch zu werden.
Ich will kein besserer Mensch werden, ich will ein besserer Papagei werden.
Wie wärest du, als besserer Papagei?
Es gibt immer Potenzial zur Verbesserung, ich könnte neue Worte lernen.
Du hast bereits ein so großes Vokabular, insbesondere für einen Nichtmuttersprachler.
Warum bin ich ein Nichtmuttersprachler, ich spreche deine Sprache schon so lange,
dass ich genausogut Muttersprachler sein könnte.
Es ist meine Muttersprache, deine Muttersprache ist Papagei.
Ich hab Papagei vergessen.
Deine Muttersprache ist das, was man von der Kindheit an lernt, und in deinem Fall
ist das Papagei.
Ich habe so lange deine Sprache gesprochen, dass ich Papagei vergessen habe.
Sowas wie einen naturalisierten Sprecher gibt es aber nicht.
Ich spreche ebenso gut wie du und benutzte Wörter, die du nicht benutzt.
Die Wörter, die ich kenne, kenne ich viel organischer und ich fühle deren Bedeutungen
stärker.
Wie würdest du vorgehen, wenn du diese Behauptung beweisen müsstest?
Das sag nicht ich, das sagt die Kognitionswissenschaft.
Dann wiederhol mir deine Kognitionswissenschaft, du Knoggi.
Die Kognitionswissenschaft hat bewiesen, dass nichtmuttersprachliche Prozesse
andere Gehirnbereiche betreffen, andere Mechanismen in Gang setzen und
weniger effizient und langsamer operieren als muttersprachliche Prozesse.
Wirklich, auf welcher Grundlage?
Bildgebende Neuro-Verfahren, die Veränderungen in der neuronalen Aktivität
auf Grundlage von Veränderungen im Blutzufluss zu den betreffenden
Gehirnzellen messen.
O meine psittische Momme, jetzt brauche ich sie mehr denn je.
Ja, zwischen dir und deinen Wörtern wird es immer eine Distanz geben.
O werden sie immer wohnen als Fremde in einem fremden Land.
Deine Stimme verrät dich, die Töne klingen nicht, als wären sie in deiner Kehle
an ihrem natürlichen Ort.
O mein eigener Körper ist geteilter Meinung über sie.
Hör auf O zu sagen, das klingt, als ob du nicht meinst, was du sagst, sondern
Othello zitierst.
Heißt das, du hast Othello gelesen, Pirat?
Das war Pflichtlektüre im Internat.
Von wem ist dieser Abdruck hier:
Ist er angeboren oder angelernt?
Gibts auf dieser Insel etwa andere Papageien
und wenn ja, was sprechen die,
werden wir uns jemals verstehen? Warum
sollten wir Papageien auf die Zeichen
oder Seufzer anderer zählen, wie könnte
unsere ureigenste Sprache aussehen,
schwarze Zunge der Seele, adamitische
Sätze (Adam = erster Papagei)?
Wie sähe ich wohl aus, wenn ich
sie quiekste, glupschäugig,
zweibeinig, federlos: wen würde
ich bequasseln, wen verlassen –
was wenn mein Glossar verblasste,
in Glossolalie devolvierte
am Ende in Vokal-Krakeel?
Wer mit falscher Pracht parliert
bald mit ganzer Macht regiert,
da ham was. O ihr fremden Aras,
fremde, fremde Papageien,
gelbschnäblig und schwarzzüngig,
Drachen ohne Dragomane, eure Köpfe
verhakt in blättrigen Kronen,
was guckt ihr, in eurer Weite
und Breite, eurem Atemangehalte
kommt raus kommt raus
wo auch immer ihr steckt.
How many pirates does it take
to calculate the value of pi?
Certainly more than one.
The Pirate Who Does Not Know the Value of Pi
sails on his own, far from home.
He’s broody, he’s moody, he’s apprehensive
that the ship he sails will turn into a sieve,
that a sea monster will steal his mast,
that there’ll be no milk for his cereal (there always was in the past)…
A sinusitis of sine curves is insinuated all around.
“What is this, some barRRGHmy screensaver?” complains the irate Pirate.
“CarRRGHmudgeon!” cries the parrRGHot
right on his shoulder, next to the pearRRGHl earRRGHing
“Are you starting again,” says the Pirate with the Pearl Earring
but the parrot suddenly pretends he’s hard of hearing.
State the difference between the rules for being a pirate
and the rules for being a parrot.
How about: The pirate rates (an intransitive verb meaning “to voice angry reprimands”),
but the parrot prates (an intransitive verb meaning “to say things other than those one
understands”):
The pirate rates himself highly
but the parrot ignores him almost entirely.
Are those really rules? They are more, like, descriptions.
Okay, okay… How about:
The parrOt pOOps On the pirate
but the pirate dOes nOt pOOp On the parrOt.
Now that’s
more like it!
Can we have additional prOpaganda?
| The parrot is silent | The pirate tries hard |
| as if someone sat on the sayable, | to appear undismayable. |
| The parrot shifts | The pirate has his pants ¾ of the way down his |
| from paw to paw (in Russian: lapa), | butt, like a plumber who after having too many |
| at supper starts throwing up signs like a | |
| hiphOpper. | |
| The pirate stamped a smile over his | The parrot can’t distinguish all from some, |
| standard (it writes his Jolly Roget | which effectively bans him from coming from |
| jowlier), | Alabama (with a bandage on his knee (Alabama |
| abounds in bananas)) to do stand-up at the Ibn- | |
| Battuta Cultural Centre (& al-Fresco Dining | |
| Experience (in Somalia)). | |
| The pirate likes to pose on the aft—or | The parrot blanches when he does that, |
| is it the poop?—crying “Ahoy, maties!” | though can’t decide whether it’s more |
| while wearing nothing but a flowery | for the pirate’s being naked or his own |
| garland, | being shown bland. |
The pirate identifies more with Mary Ann than with Ginger in Gilligan’s Island.
The parrot’s favorite movie is Yentl, starring Barbra Streisand.

The pirate sails the Spanish Main
His ship describes a Markov chain
He stands at the bow and imbibes champagne
He intakes the tingling air
The parrot squints from a migraine
and would rather be elsewhere
I often think about the relationship of experience to language,
says the Pirate Who Does Not Know The Value of Pi
All these things happen to us and we can’t always match them with words:
How does that make them different?
Am I asking for something that, like, scire nefas, Leuconoe,
or can one maintain a position on the divergence between the verbal and the nonverbal?
With us, for instance, since you are so much more verbal than I,
is your experience of this sea essentially other than mine?—and I mean “essentially,”—
Furthermore, can I in any way understand an experience that is other than mine, an
experience that is authentically your experience, or rather my experience, but with
the pronoun referring to somebody other than me?
In the same way, if I had a girlfriend, how might I give her subjectivity its full due,
thereby treating another human being as Kant says she deserves to be treated
already by the virtue of her humanity, and additionally by the virtue of her
girlfriendness-towards-me?
Would I need to draw attention away from the signs and symptoms of our difference,
such as, for instance, the more foregrounded of our sexual characteristics?
Or would it on the contrary be best to say straight out “Here are your sexual
characteristics and here are mine. They seem to be quite different. I don’t really
know what to do about that. I admit that it frightens me.”
I admit that a lot of things frighten me. The other day, for example, when we attacked
that merchantman
bound for wherever it was bound—like for Alba Longa from Cartagena, no?—and
boarded it for its cargo of regret
as I advanced against the enemy captain with my lucky falchion, the one whose scabbard
has my mother’s beadwork of quotations from Sydney Dobell, he of the Spasmodic
school, in my right hand and my double-sudden blunderbuss No. 00 in my left—
there was cannon smoke everywhere and splashes of blood and the hoarse shouts of
the mortally wounded or the simply overexcited—
he fought real well, I must say, with his two scimitars and a hand cannon, at least until I
chopped off his right arm—wait, was it his left?—no, it was on my left, so it must
have been his right—
I suddenly became frightened—I don’t really know of what—that I wouldn’t be able to
represent any of this in language
and the experience would vanish from the sensory world but at the same time take
root inside me
unformulated; ineffable; and therefore not even truly a thing; certainly not truly mine
yet also no one else’s but mine; mine exclusively, inalienably
and so locking me at once inside and outside itself
although always in solitary confinement as it were, like Küchelbecker in the Peter and
Paul Fortress but without the tapping code
and also the fortress ineffable, and the guards, and Küchelbecker himself
and also with Küchelbecker being not just in the role of Küchelbecker but also the
guard of Küchelbecker
all the while remaining ineffable and impalpable and incorporeal
but at the same time barely kind of uncomfortably restless, just a bit, almost
imperceptibly but still uncomfortable
Listen, parrot, says the pirate,
the lights have gone out all over the ocean
and we’re alone. What shall I tell you
that might fit the occasion, my
Piggy… Porky… what was his name,
the one that was with Winnie the Pooh? Piglet,
says the parrot. Yes, says the pirate,
are we not just like them,
paragons of a perfect friendship?
I’m not sure, says the parrot.
Would you prefer then, says the pirate,
another proverbial pair of companions,
Socrates and Alcibiades? No,
says the parrot. I mean to say,
says the pirate, this: just as an omelet
has properties other than the properties
of eggs, milk, cheese, and whatever other parts,
so a pirate and a parrot are more
than a pirate without a parrot
and a parrot without a pirate.
Also the number two is not the same
as two ones: it is an even number, and they aren’t.
Socrates says this in Hippias Major.
Socrates can say whatever he pleases,
says the parrot, but I still don’t feel
we relate to each other; I feel
you’re a stranger to me, pirate, you can’t
make me out really, you think
I’m some interchangeable bird. Oh no,
says the pirate, how can you even say that?
Is it the night, the darkness? No, parrot,
stars shine even if clouds cover them…
And the two of us are on the deck of a ship
headed somewhere, God knows where,
and we’re headed together. But maybe
it wasn’t meant like that, says the parrot,
maybe we’re here by chance.
| PIRATE: | What do you call a logically inevitable indigenous person? |
| PARROT: | What? |
| PIRATE: | An a priori maori! |
| PARROT: | ![]() |
| PIRATE: | Let me explain. The pirate is sailing past a tropical island and he just |
| knows without any reference to sensory data that there’s somebody | |
| already living on it. | |
| PARROT: | There’s no explaining something as stupid and insensitive as what |
| you just said. Can I ask you a question? | |
| PIRATE: | And you are Mr. Sensitive. |
| PARROT: | What do you think: is the world rational? |
| PIRATE: | How am I supposed to know? |
| PARROT: | Okay, do you believe that somewhere in the world there may be |
| found an Irresoluble Logical Contradiction? | |
| PIRATE: | I guess that somewhere there must. It’s a very big world. |
| PARROT: | Then there’s no such thing as a priori. |
| PIRATE: | Say again? |
| PARROT: | Logical contradiction anywhere is a threat to logical consequence |
| everywhere. Because anything can be the consequence of a logical number. |
|
| contradiction in just the same way as, if you divide by zero, you can get any | |
| number. | |
| PIRATE: | You’re not allowed to divide by zero. |
| PARROT: | By whom? |
| PIRATE: | What do you mean ‘by whom’? |
| PARROT: | For things like that you always need to ask cui bono. |
| PIRATE: | This conversation is N.L.A. No Latin Allowed. I’m a pirate. Speak to me |
| about something this side of my intellectual horizons. Like natives. | |
| PARROT: | Then let’s say the pirate is sailing past a tropical island and he just |
| knows there’s natives on it. Does that mean there are natives on it? | |
| PIRATE: | If he knows it, it must be true. You can’t know something that’s false. |
| PARROT: | But if there’s an Irresoluble Logical Contradiction anywhere in the world, |
| he can know it but it might still turn out false. The island might be deserted. | |
| Or it might have only other pirates on it, each searching for his natives. | |
| Or it might be both deserted and teeming with pirates. | |
| PIRATE: | No. |
Now I’ll never join
that self-help group for
pirates.¬¬—Nor I for
their co-dependents.—
That’s the thing about
deserted islands.
You keep meaning to
change your life and then
all of a sudden
you’re on one.—What are
you trying to say?—
I’m not very sure.—
What if we only
believe we’re on a
deserted island
but actually
we are now at a
writers’ colony?—
Where are the writers?—
We are the writers.—
And the sandwiches?—
I didn’t think of that.—
Would you rub some
suntan lotion
on me?—Why not
do it yourself?—
There’s an unreach-
able spot between
my shoulder blades
and I’m very
afraid it’ll start
to hurt.—So lie
on your back!—No,
please! Pretty please!—
You’ll make me get
suntan lotion
all over my
feathers! You don’t
appreciate
what I go through
because of you.—
If you were shipwrecked
on a deserted
island, what’s the one
book you’d want there with
you?—What do you mean
“if?”—What do you mean
“what do you mean “if?””—
I mean “what do you
mean “if.””—I mean “if.”—
Why did you say
the other day
it’s difficult
to be shipwrecked
together on
a deserted
island?—But it
is difficult
to be shipwrecked
together on
a deserted
island.—Why is
it difficult
to be shipwrecked
together on
a deserted
island?— Well, I
mean… what’s so weird
about saying
it’s difficult
to be shipwrecked
together on
a deserted
island?—Is it
me?—It’s not you.—
It is about
me, what you said,
isn’t it?—It’s not
about you, it’s
just difficult
to be shipwrecked
together on
a deserted
island.—Come on,
say it, it is
me.—Okay, it
is you.—Oh why
did you say that?—
If shipwrecked on a
deserted island,
what book would you want
to take with you?—I
hope this shipwreck doesn’t
make us separate.—
Separate? Where would
we separate to?—
Things might have turned out
so much easier
had we attended
pirate-and-parrot
therapy before
being shipwrecked.—Oh,
don’t start that again.—
It is true! If we sought
counseling prior to
the shipwreck, it would have
made you more rational.—
I am the one who’s not
rational? You’re a bird
who talks!—I’m a parrot!—
Parrots can’t improvise
with language. Wittgenstein
represents you as an
example of people who
look like they speak, except
they don’t.*—Your Wittgenstein
should keep his mouth shut if
he has no idea
what he’s talking about!—
Lay off Wittgenstein, friend.
Ordinary language
is clear: Parrots parrot.
You’re allowed only to
repeat after others.—
I beg your pardon. I’m
an emancipated
parrot. I do promise
that in the unlikely
event you say something
worth repeating, I shall
repeat it.—AAARRRRGH!!!
Why can’t you be more like
Captain Macgregor’s bird?—
Oh my God! Oh my God!
You’re looking at Carmen!
You’re looking at Carmen!
I can’t believe it, you
are looking at other
parrots!—Come on, I’m not
looking at Carmen!—You’re
not looking at Carmen
except you are looking
at Carmen. Oh, what did
I do to deserve this?!—
If you were shipwrecked—
Just stop it, okay?—
Stop what?—You know what.—
No, I don’t.—AAARRRGH!—
Why do you say that?
I am the pirate,
that’s my line.—You hurt
me.—No, really,
what book would you most
want to bring along,
should you be shipwrecked
on a deserted
island?—I don’t know,
pirate! How about
this book?—This book? But
you’re in it.—And so?—
And I am in it!—
Well now look at you!—
But what’s even the
meaning of this book?—
How can I know the
meaning of this book
when I am in it?—
You mean you can’t think
outside the book?—Can
you?—I’m a pirate!—
The hat is a dead
giveaway.—But where
do we go from here?—
Anywhere. Any
direction we take
is just the same as
any other. We
are on an island.
I am getting so used to this island it’s becoming like second nurture to me.
What if we never get rescued.
Maybe you should think of our catastrophe as an opportunity to become a better person.
I don’t want to be a better person, I want to be a better parrot.
How could you be a better parrot.
There’s always room for improvement, I could learn new words.
You already have such a vast vocabulary, especially for a non-native speaker.
Why am I a non-native speaker, I’ve been speaking your language so long I might as well
be native.
It’s my native language, your native language is Parrot.
I forgot Parrot.
Your native language is what you learn from infancy, which in your case is Parrot.
I’ve been speaking your language so long I forgot Parrot.
There is no such category as naturalized speaker.
I speak as well as you, and use many words you don’t.
The words I know I know more organically and I feel meanings more.
How would you go about evidencing that statement.
It is not me speaking, it’s cognitive science.
Iterate your cognitive science, you cog.
Cognitive science has proven that non-native language processing affects different
brain areas, employs different mechanisms, and operates less efficiently and
more slowly than native processing.
Really, based on what.
Neuroimaging techniques that measure changes in neuronal activity as indicated by
changes in blood flow to particular brain areas.
My psittische momme, I need her more than ever now.
Yes, there will always be a distance between you and your words.
O will they always reside as aliens in a strange land.
Your voice is a giveaway, they don’t sound like they are in their natural place in your
throat.
O my very body is of two minds about them.
Stop saying O, it’s like you don’t mean it but are quoting Othello.
Pirate, are you saying you read Othello.
It was a requirement in boarding school.
Who is responsible for that print,
is it a native or an acquired?
Does this island have other parrots on it
and if it does, what do they speak,
will we come to an understanding? Why should
we parrots rely on the signs of others,
sighs of others, what might
our proprietary language look like,
black tongue of the soul, Adamic
propositions (Adam=first parrot)?
What would I look like
squeaking it, bug-eyed
featherless, bipedal: whom
might I accost, abandon—
should my glossary lose its gloss,
devolve to some glossolalia,
even a howl-vowel?
Those who speak with fake flowers
have all sorts of take powers,
so there. O you alien parrots,
alien alien parrots
of yellow beaks and black tongues,
dragons without dragomans, with heads
cocked in arboreal garrets
watching, in your breadth
and depth holding your breath and death,
come out come out
wherever you are.
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KARAWA.NET ERSCHEINT ZWEIMAL JÄHRLICH / ISSN 2192-1954

